Trauer ist ein, wenn auch oft nur sehr schwer zu tragender, natürlicher Zustand bzw. Prozess, in dessen Verlauf sich die Gestalt der persönlichen Empfindungen immer wieder stark und grundlegend verändert.
Bei einem normalen Verlauf entwickelt sich der Prozess langsam hin zu einem haltbaren Frieden mit der neuen Situation und einer damit verbundenen inneren Heilung.
Trauerbegleiter:innen, Sterbeammen und Sterbegefährten können auf dem Weg dabei unterstützen, gemeinsam neue Perspektiven und Möglichkeiten zur besseren Verarbeitung aufzeigen und Trauernden dabei helfen wieder Halt im eigenen Leben zu finden oder diesen möglichst wenig zu verlieren.
Da Trauer nie linear und schematisch erlebt wird, können sich in ihrem Verlauf unterschiedlichste, teilweise auch extreme, Ausprägungen zeigen. Bei einer dauerhaften emotionalen Instabilität der Trauernden, können verschiedene Kriterien auf eine komplizierte oder auch pathologische Trauer hindeuten. Dies kann allerdings nur nach längerer Beobachtung festgestellt werden. Der Trauerverlauf ist dann ungewöhnlich intensiv und deutlich verlängert.
Obwohl seit dem Tod einer nahestehenden Person viel Zeit vergangen ist, bleiben dann oft eine große Sehnsucht und ein überwältigender Schmerz, ein großer Leidensdruck, der zu Identitätsverlust, Hoffnungslosigkeit und Sinnlosigkeit führt zurück und lassen sich von selbst nicht lösen. Eine große Einsamkeit, Abspaltung von der gewohnten Lebenswelt und ein Gefühl der Surrealität entstehen.
Das Vertrauen in das Leben existiert oft nicht mehr oder ist stark spürbar geschwächt und eine positive Zukunft kann nicht mehr gesehen werden. Das Leben fühlt sich leer und bedeutungslos an, neben der Trauer beherrscht teilweise auch vollständige Empfindungslosigkeit das emotionale Erleben. Die Trauernden ziehen sich zurück und sind allgemein antriebsschwach. Im Extremfall werden soziale Kontakte stark vermieden oder sogar vollständig abgebrochen. Die Trauernden fühlen sich tief verzweifelt und emotional isoliert in ihrer aktuellen Lebenswelt unentrinnbar gefangen.
Die Todesumstände von geliebten Menschen werden oft in einer Endlosschleife immer wieder durchdacht. Dabei können häufig auch Schuldgefühle und Wut über den Verlust entstehen. Meistens beschäftigen sich die Trauernden intensiv mit der verstorbenen Person oder es wird möglichst vollständig vermieden sich zu erinnern, da der Kontrollverlust nur wieder zu mehr Trauer, Tränen und einer Verstärkung der Niedergeschlagenheit führt. Oft wechseln sich beide Varianten dieses Umgangs auch unkontrolliert miteinander ab.
Um dem Kontrollverlust entgegenzuwirken versuchen sich die Trauernden oft von der Situation abzulenken, was im Extremfall zu Hyperaktivität und zur totalen körperlichen Erschöpfung oder auch einem vollständigen psychischen und physischen BurnOut führt.
Das intensive Gefühl dieser Trauer kann bei einem so extremen Verlauf auch immer wieder durch interne oder externe Auslöser getriggert und reaktiviert werden. Diese Auslöser können Erinnerungen, Orte, Gegenstände, Gerüche oder Situationen, die irgendwie mit der verstorbenen Person in Verbindung gebracht werden sein. Die Auslöser können dabei sowohl positive wie auch negative Dinge oder Erinnerungen sein. Kalendarische Daten wie der Todestag, Geburtstag, Feiertage oder der Hochzeitstag sind ebenfalls regelmäßig Trauerauslöser.
Die psychischen Belastung wird dann oft auch noch durch verschiedene körperliche Symptome wie Erschöpfung, Herz-Kreislauf Beschwerden „Broken Heart Syndrom“, ständige Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Appetitlosigkeit oder Heißhungerattacken, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, Nervenschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Frieren, Schweißausbrüchen, usw. ergänzt.
Die Sterblichkeit und Suizidrate sind bei Hinterbliebenen, die einen komplizierten Trauerverlauf haben, meistens deutlich erhöht.
Gerade in Krisenzeiten können Verlustsituationen in einem Menschen extremen Stress auslösen und Gefühle der Hilflosigkeit oder des Entsetzens erzeugen. Insbesondere Situationen auf deren Verlauf kein Einfluss genommen werden kann und die durch einen erzwungenen Abstand, bei gleichzeitiger hoher Intensität des Erlebens, schwer begreifbar sind, werden oft als besonders belastend empfunden.
Die durch das Erleben so einer Situation im Menschen hervorgerufene Angst- und Stressspannung kann bei der Mehrzahl der Betroffenen, gemeinsam mit der Trauer, wieder ganz von alleine abklingen. Wobei sich oft auch bei diesen Menschen das Verhalten spürbar ändert. Die Überwindung so eines belastenden Erlebnisses hat sie dann an dem Erlebten wachsen lassen.
In besonderen Fällen, wenn diese erhöhte Stressspannung über längere Zeit bestehen bleibt und es keine Möglichkeit gibt die Erlebnisse adäquat zu verarbeiten, kann es jedoch auch zur Ausbildung von teils intensiven dauerhaften psychischen Symptomen kommen.
Bei etwa einem Drittel der so betroffenen Trauernden kommt zu der schmerzlichen Erinnerung dann auch noch ein psychisches Krankheitsbild hinzu, welches zusätzliches Leid verursacht.
Daher ist es wichtig, sich bei den Anzeichen eines komplizierten Verlaufs rechtzeitig qualifizierte Unterstützung zu suchen. Trauerbegleiter:innen, Sterbeammen und Sterbegefährten sind geschult im Umgang mit Menschen in schweren, lebensbedrohlichen Lebenskrisen und in Phasen tiefgreifendster Umbrüche. Sie bieten Informationen, Ideen und konkrete Ansätze, um Wege aus der Hoffnungslosigkeit hinein in eine neue Zukunft zu finden.